Randnotizen

Texte und Bilder 
aus meinem bunten Alltag
Von Holger Wieboldt

 

Gottesdienst im Gefängnis. Fünfzig Männer. Mörder, Diebe, Betrüger, Sexualtäter, „Unschuldige“ („Ich war das nicht“), Klein- und Großkriminelle. 

Anders als in früheren Zeiten, an die ich mich erinnere, herrscht Ruhe, sogar Aufmerksamkeit. Ein Getuschel hier und dort, naja.

Früher, vor Corona, waren es hundert. Alle, die wollten. Heute geht es über Anmeldung.

Ein Gefangenenchor hat zwei Lieder einstudiert und präsentiert die.

Es ist einmal mehr ein schöner Gottesdienst an ungewohntem Ort.

Zum Kirchensonntag passend (Misericordias domini, Jesus, der gute Hirte) noch ein passender Segen:

Der Herr sei neben dir,
um dich in die Arme zu schließen
und dich zu schützen.

Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren
vor der Heimtücke böser Menschen.

Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen,
wenn du fällst, und dich aus der Schlinge zu ziehen.

Der Herr sei in dir, um dich zu trösten,
wenn du traurig bist.

Der Herr sei um dich herum,
um dich zu verteidigen,
wenn andere über dich herfallen.

Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.

So segne dich der gütige Gott.

Und ich füge hinzu: Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

Da sehe ich, dass einige der Männer vor mir, gar nicht wenige, ein Kreuz schlagen.

Öffentliches Bekenntnis.

Alle Achtung.

Meine Gemeinde an diesem Sonntag. 

„Schön war´s“, sagt Einer bei der Verabschiedung. Andere bedanken sich in ihren Worten.

Was ich Häftlingen schon oft gesagt habe: „Hier erlebe ich mehr geistliche Gemeinschaft als in so mancher Kirchengemeinde draußen.“

Darum: Ich komme wieder. Gerne.